Die Z900 SE ist 2023 immer noch ein mechanisches Meisterwerk!

Im Winter 2022 haben wir euch gefragt und abstimmen lassen, welches Motorrad ihr in der Naked-Mittelklasse gern im ausführlichen Test sehen bzw. lesen möchtet. Die Auswahl, die wir euch an die Hand gaben, war groß. Um so erstaunter waren wir, als ihr euch für die mittlerweile leicht angestaubte Z900 von Kawasaki entschieden habt.
Mit guten 27 Prozentpunkten Vorsprung zum Zweitplatzierten habt ihr sie als Hauptprotagonistin für den Langstreckentest gewählt.
Nach kurzem Gespräch mit Kawasaki Deutschland, stand der Testzeitraum fest und wir starteten mit dem üblichen Prozedere.
Ab nach Friedrichsdorf uns das Bikes abholen und in Empfang nehmen.
Anbei für euch ein Schnappschuss auf dem Hof von Kawasaki in Friedrichsdorf.

Auf Achse ging es die guten 300 km zurück zur Redaktion. Perfekter Tag, perfektes Wetter, um die ersten Fahreindrücke zu sammeln.
Grundsätzlich bleibt zu sagen, dass die Z900 SE mit sofortiger Wirkung mächtig ins Schwarze trifft und den Fahrer wohltuend einhüllt.
Sie schafft es wie keine Zweite am Markt, dich mit ihrer Sitzposition praktisch zu verschlingen. Ganz nach dem Motto „Mittendrin, statt nur dabei“.

Einmal aufgesessen lässt du die Blicke über die Armatur schweifen und bleibst zwangsläufig am Display hängen.
Auch bei der Z900 blickt uns ein alter Bekannter entgegen. Ein Display für alle Fälle, so könnte man meinen. Kawasaki montiert nämlich auf jedes ihrer Bikes mit Farbdisplay exakt dieses. Auch auf der ZH2 oder Zx10R/RR begegnet euch das gleiche Display.
Viel zu bemängeln gibt es hier nicht. Grundsolide und mit allen nötigen Infos und Einstellmöglichkeiten, begleitet es euch während der Fahrt.
Etwas umständlich ist die Informationszentrale, wenn es darum geht, sie mit Hilfe der Rydeology APP via Bluetooth ans Smartphone zu koppeln.
Ist dieser Vorgang erst mal geschafft, lässt sich dann aber in der App sogar ein Fahrtenbuch führen.

Mit vier Fahrmodi im Gepäck – Rain, Road, Sport, Rider – machen wir uns auf den Weg zurück in die Redaktion. Bereits auf den ersten 40 bis 50 Kilometern, die wir über die schnelle Verbindung der Autobahnen abspulen, bemerkt man immer wieder, dass alles irgendwie so gewohnt positiv funktioniert und auch die Gasannahme sowie der Motor sagenhaft gut laufen.
Selbstverständlich per E-Gas und computergesteuerten Befehlen.

Ein seidenweicher Motor, der es famos erledigt, einen Spagat zwischen Drehzahl und Schmalz von unten zu vollziehen.
Ein großes Lob an das Kawasaki-Engineering-Personal, das es geschafft hat, die Software in der ECU so großartig mit dem Motor zu verbinden.
Das Vierzylindertriebwerk mit 946 Kubikzentimeter Hubraum galt bisher schon als eines der besten seiner Klasse.
In den Modi „Sport“ und „Road“ gibt’s die volle Leistung von 92 kW/125 PS, bei „Sport“ mit progressivem und bei „Road“ mit linearem Leistungsanstieg.
Die Stufe „Rain“ reduziert die Kraft und im „Rider“-Modus kann der Fahrer die Leistungsabgabe und den Eingriff der Traktionskontrolle selbst einstellen.
Mit der elektronischen Integration der vier Fahrmodi ging ein Update der Motorsteuerung einher, was den Reihenmotor sehr sensibel auf Gasbefehle reagieren und uns immer wieder staunen lässt. #traumaggregat
Noch beeindruckender stellt sich die breitbandige Art des Aggregats dar. Im sechsten Gang und bei knapp 2.200 Touren tuckert die Z900 SE durch die Ortschaft oder sucht mit dir bei maximaler Drehzahl auf der Rennstrecke nach Bestzeiten.
In unserem Landstraßentest genoss die Z900 SE je nach Fahrweise zwischen 4,7 und 6,3 Litern feinstes Superbenzin.
Ok, auf dem Rennstreckenausflug in Most gab es drei Tage lang ein paar Liter mehr.
Hier für euch ein paar Eindrücke der „Insta 360“-Software.
Aber zunächst zurück zur Landstraße.
Bereits auf dem Heimweg in die Redaktion und nach dem Verlasen der soeben erwähnten ersten 50 km auf der Autobahn trat das ein, was ich bei Übernahme der Z900 bereits geahnt hatte. Der serienmäßig montierte Reifen ist ein Produkt veralteteter Technologien und wird von Dunlop als Thirdline-Reifen oder Werksaustattung betitelt. Bedeutet im Klartext: Laufleistung vor Kurvenvergnügen.
Dunlop Sportmax Roadsport 2, so hieß der Spielverderber auf den ersten Metern.

Nicht auszudenken, wie die Performance der Z900 SE gewesen wäre, wenn man hier anstatt des gerade eben genannten Reifen einen Mk3 oder Sportsmart TT von Dunlop als Serienpneu gewählt hätte. So ist das leider öfter in Bezug auf Serienbereifungen bei Auslieferung.
Der hier gezeigte Reifen war nur schwer auf Temperatur zu bekommen, hart ans Gas und stark auf die Bremse mit allem Möglichem, was die StVO erlaubt. Dazu sommerliche Temperaturen, dann klappt es auch mit dem Feedback vom Reifen und die Kombi aus Serienpneu und Z900 SE lässt uns großartige kurvige Momente auf der Landstraße erleben.
Kaum ist der Reifen nach harter Arbeit endlich auf Temperatur, steigt die Performance spürbar an.
Zum Fahrgenuss gehört ein passendes Fahrwerk und eine perfekte Geometrie.
Kawasaki versteht es auf eine gute mechanische Art und Weise, die drei Pendelachsen eines Motorrades auszubalancieren und so für eine top Fahrdynamik zu sorgen.
Schon bei der alten Z900 gab es hier kaum Kritik, jetzt machen eine Verstärkung an der Schwingenaufnahme und ein großartiges Fahrwerk das Bike noch etwas agiler als bisher.
Ob weite oder enge Kurven, Wechselschräglagen oder Kehren, die Kawa klappt fast wie von selbst in Schräglage und verharrt dort wie auf Schienen.
Beste Kontrolle und ein Vertrauen erweckendes Feedback sorgen für ein ausgewogenes Fahrverhalten.
Die Fahrzeuggeometrie und ihre den Fahrer aufnehmende Sitzposition sind beispielhaft in dieser Preisklasse.
Diesem Kurvenspaß angepasst zeigen sich die Federelemente, die mittels weniger Handgriffe fast vollumfänglich einstellbar sind.


Beim Bremsen oder auch hartem Anbremsen arbeitet die Doppelscheibe mit ihren radial verschraubten Brembo-Sätteln effektiv und gut dosierbar, jedoch alles andere als radikal.
Nach vier, fünf heißen Runden auf dem Track in Most wanderte der Bremspunkt merklich, lag aber immer noch im Wohlfühlbereich und arbeitete weiterhin gut und sauber.
Als wir eurem Wunsch entsprachen und die Kawasaki auf den Ausflug in Most vorbereiteten, war klar: Wir müssen die Reifen tauschen, mit dem obengenannten Dunlop geht hier überhaupt nichts.
Gut, dass Pirelli vor wenigen Wochen ihren neuen Super Corsa in der vierten Generation vorgestellt hat.
Zwei Telefonate später war der Reifen in passender Größe für die Z900 SE auch bei uns.
Nach wenigen Griffen am Fahrwerk und ein paar Anpassungen am Luftdruck vom SC - SP waren wir drei Tage mit top Performance und top Reifenbild für euch unterwegs.
Die Super-Corsa-Reifen aus Italien heben die Kawasaki in Sachen Handling auf eine neue Ebene.
Ist allerdings der fehlende Schaltautomat schon auf der Landstraße ein schmerzlicher Verlust, so ist es auf der Rennstrecke doppelt tragisch, diesen nicht verbaut zu haben.
Doppelt tragisch ist auch die Tatsache, dass dieser nicht aus dem Kawasaki-Zubehör nachzurüsten ist.
Nichtsdestotrotz kann man mit der Z900 durchaus auf die Rennstrecke und Spaß haben.
Beim Fahren auf dem Track zeigt sich die gesamte Performance der japanischen Schönheit.
Stabilität und Ausgewogenheit gepaart mit einer unfassbar lockeren und einfachen Art und Weise des Motorradfahrens machen die Kawasaki auch für Einsteiger und Neulinge auf dem Track zu einer guten Wahl.
Gern nehmen wir euch mit auf ein paar Runden in Most.

Fazit:
Kawasaki schließt mit der Z900 SE die letzte Lücke, die die Z1000 hinterlassen hat. Mit der SE-Version erhaltet ihr eine Maschine mit verbessertem Fahrwerk und optimierter Bremse. Selbst wenn das Serienfahrwerk der Z900 schon wirklich sauber arbeitet. Die 1.500 Euro Aufpreis sind sehr fair und im Vergleich mit den Einzelteilen, hätte man sie im nachhinein Upraden wollen, ein Schnapper.
Der aktuelle Marktpreis liegt sogar darunter.
Bravo Kawasaki




