Brixton Cromwell 1200


Englischer Charme für kleines Geld.


 Wir stellen uns die Frage:

Günstige Alternative oder großer Konkurrent?





Gekleckert wird auf den ersten Blick überhaupt nicht.


 Waren bisher 500er-Motoren das höchste der Gefühle bei Brixton, schlägt man nun mit dem 1.222 Kubik großen Twin ein neues Kapitel der österreichisch-englischen und chinesischen Freundschaft auf.



Mit einem Drehmomentmaximum von 108 Nm bei 3.100 U/min und einer Spitzenleistung von 82 PS bei 6.550 U/min braucht man sich im Hinblick auf die britische Konkurrenz keinesfalls zu verstecken.



 Das Datenblatt verspricht nicht zu viel. Die Cromwell 1200 geht untenrum motiviert aber nicht übermütig ans Werk und das schon im Eco-Modus. Dieser passt auch deutlich besser zur Brixton.


Der Sportmodus ist direkt, beinahe digital.

 Sanft Gas anlegen, um souverän aus dem Radius zu feuern, wird zur echten Herausforderung. Man ist also mit dem Eco-Modus gut beraten und muss nicht oft zwischen den Modi wechseln. Das ist gewissermaßen ein Vorteil, denn dieser Wechsel erfordert ein sekundenlanges Halten der Mode-Taste und war bei unserem Testexemplar nicht während der Fahrt möglich.


Die Ähnlichkeit zur Bonneville und Speed-Twin ist nicht von der Hand zu weisen und trotzdem steht die Brixton Cromwell 1200 für sich.


Dass sie eine wahre Schönheit ist, kann niemand abstreiten, und egal, wo man mit diesem Motorrad entlang fährt oder kurz anhält, drehen sich die Leute um, winken und geraten ins Schwärmen.

Es dauert nie lange, bis begeisterte Menschen davor stehen bleiben und die Ästhetik des Fahrzeugs bewundern.


Brixton ist sicher jedem Retro-Fan ein Begriff. Die KSR Group mit Sitz in Österreich hat ihre Hausaufgaben bezüglich Marketing gemacht und ihre eigene Hausmarke (Brixton) in Europa gut aufgestellt.


Nach unserer Bonneville-Story wollten wir dann aber doch erfahren, weshalb die ganze Welt über diesen angeblichen 1:1-Klon aus China spricht.


Kurze Zeit später befand sich die Cromwell 1200 dann auch bei uns in der Redaktion.


Da unsere Testmaschine, möglicherweise vom vorherigen Test-Magazin, nicht gerade pfleglich behandelt wurde,

gab es am Bike optisch und technisch einige Blessuren und sogar eine Acht im Vorderrad inklusive schiefem Lenker etc.


Der örtliche Brixton-Händler konnte hier helfen und brachte uns mit gutem Gefühl  auf die Straße.


Mit schönem Wetter und Sonnenschein ging es dann los.


Die Sitzprobe verläuft ohne Überraschungen. Man sitzt aufrecht und entspannt, der Beifahrer ebenso, ohne sich allerdings an Haltegriffen festhalten zu können.

Stattdessen gibt es nur einen Halteriemen, aber der Fahrer ist ja auch noch zum Festhalten da. Fußrasten, Lenkerhöhe, Kniewinkel, das passt alles sowohl für größere als auch für kleinere Personen.


Die Sitzhöhe ist mit 800 mm sehr moderat, da sollte fast jeder mit den Füßen gut auf den Boden kommen. Trotzdem ist die Cromwell 1200 kein Einsteiger-Bike, dafür ist sie mit ihren 235 kg leider ein bisschen zu schwer.


Aber wie heißt es so schön: Wenn’s rollt, dann rollt’s.




Motor


Der 1.222 ccm Reihenzweizylinder mit 83 PS leistet ordentliche 108 Nm und das schon bei 3.100 U/min.

Über zwei Fahrmodi kann entschieden werden, ob man seicht durch die Gegend braddeln möchte oder man es etwas direkter mag. Der Eco-Modus fühlt sich wirklich gut abgestimmt und sanft an und ist gerade im Sozius-Betrieb oder in der Stadt die bessere Wahl. Der Sportmodus ist fast ein bisschen zu direkt.

 

In diesem ist etwas Gefühl verlangt, da die Gasannahme direkter anspricht, was mir aber nach kurzer Gewöhnung viel Freude bereitet hat.

Allerdings blieb der Eco-Modus auf Dauer und für den alltäglichen Betrieb mein Favorit.


Kleines Manko im Sportmodus: Beim Anfahren und nur beim Anfahren

solltet ihr den Motor etwas in Laune bringen. Ansonsten könnte es passieren, dass es beim Gasgeben etwas zickig und ruckelig wird.



Unterstützt wird der Spaß von einem ESD mit zwei sehr schönen Endtöpfen, die dem Fahrer mit nur 89 dB einen sehr angenehmen Sound bieten und gerade beim Anlassen schon fast etwas Chopper-Feeling versprühen. Das klingt wirklich sehr satt, ohne die Umwelt zu stören, und ist somit sehr gelungen.



Das Getriebe könnte noch etwas Butter vertragen. Ab und zu fühlen sich Schaltvorgänge etwas hakelig an und an der Ampel den Neutralgang zu finden, war immer wieder eine Herausforderung.


Anzumerken bleibt, dass das Schalten besser und besser wird, um so mehr unser Test-Motorrad an Kilometern gewinnen konnte. 

Nach ca. 1.200 gefahrenen Kilometern hat anscheinend jedes Bauteil genug Schmierstoffe erhalten und arbeitet grundlegend gut.


Fahrwerk




Die Landstraße ist erwartungsgemäß das natürliche Einsatzgebiet der Brixton. Man fühlt sich da mit ihr wirklich sehr gut aufgehoben.

Auf Komfort abgestimmt bügelt sie problemlos auch gröbere Unebenheiten aus, vermittelt dennoch auch bei sportlicher Fahrweise ein sehr gutes Gefühl für die Straße und ist dabei keinesfalls zu weich.


Mit einer Telegabel und 120 mm Federweg und zwei schlicht aussehenden Stoßdämpfern im Stereo-Setup mit 87 mm von Kayaba bekommt man hier ein gutes Paket geboten.


Gebremst wird die Brixton problemlos von zwei Zwei-Kolben-Bremszangen auf zwei 310 mm Bremsscheiben vorne und einer Ein-Kolben-Bremszange auf einer 260 mm Bremsscheibe hinten, die gut dosierbar ihren Dienst verrichten.


Kurzum: So macht das Spaß auf der Landstraße. #gutgemachtbrixton


Die werkseitig montierten Pirelli Phantom Sportscomp sehen für diese Art Motorrad nicht nur gut aus, sondern fahren sich sehr angenehm und vermitteln in jeder Situation ein gutes und sicheres Gefühl. Das Hinterrad ist nicht sonderlich rund, aber die Fußrasten begrenzen die Schräglage sowieso recht früh und damit ist der Reifen absolut ausreichend.

Armaturen


Recht einfach gehalten und übersichtlich kommen die Armaturen daher. Eventuell braucht es einen kurzen Moment, um zu verstehen, dass sowohl das Einschalten des Tempomats als auch der Fahrmoduswechsel ein ca. dreisekündiges Halten benötigen.

Einmal begriffen funktioniert das System tadellos. Leider wird die Modus-Wahl nicht gespeichert und somit startet man jedes Mal wieder im Eco-Modus. Das Einstellen des Tempomats braucht etwas Übung, da man weder beschleunigen noch verzögern darf, während man den Stellknopf drückt.

Im Eco-Modus zeigt das Display neben Geschwindigkeit und Drehzahl per Zeiger alle Informationen wie Uhrzeit, Gangwahl und Temperatur auch Tages- oder Gesamtkilometer an.

Die Uhrzeit stellte sich allerdings immer wieder auf 00:00 Uhr, was möglicherweise an der Batterie liegt.


 Die Tankanzeige sowie die damit verbundene Mechanik und Elektronik benötigen in Zukunft etwas mehr Liebe bei Abstimmung und Fertigung.

So kann es durchaus passieren, dass euch die Tankanzeige selbst nach einem Tankstopp für zehn bis zwanzig Kilometer weiterhin Reserve oder einen halbvollen Tankinhalt anzeigt.


Im Sportmodus ändert sich das Design des Displays und der Fokus wird mehr auf die Drehzahl und die Geschwindigkeit gelegt. Während die Drehzahl weiterhin per Zeiger angegeben wird, wird die Geschwindigkeit jetzt digital angezeigt und Tages- bzw. Gesamtkilometer sowie Uhrzeit werden ausgeblendet.


Design


Beim Design setzt Brixton auf eine jüngere Zielgruppe, verzichtet auf große Chrom-Lampen, -Spiegel und -Blinker und verbaut vorwiegend moderne Elemente.

Alles natürlich mit LED-Technik, formschön und zeitlos.

Gerade der Scheinwerfer fällt einem mit dem integrierten Brixton-Schriftzug und den markentypischen Himmelsrichtungen sofort ins Auge. Die Straße wird damit gut ausgeleuchtet und der LED-Ring gibt dem Scheinwerfer eine moderne Note.


So soll und muss das sein.


#bravobrixton


Praktisch: Rechts vorne am Scheinwerfergehäuse ist eine USB-Buchse angebracht. Dort gehört sie auch hin, sofern jemand sein Handy am Lenker befestigen und während der Fahrt aufladen möchte. Brems- und Kupplungshebel sind in der Reichweite einstellbar, wunderbar.


Auch der Heck- und Front-Fender fallen sehr klassisch und somit kürzer aus, sodass sie gleichzeitig retro und modern wirken.


Die gesteppte Sitzbank mit hell abgesetzten Nähten ist, trotz ihrer recht harten Polsterung, ebenso bequem wie schön.

Selbst auf längeren Strecken sitzt man als Fahrer wie auch als Fahrer und Sozius recht angenehm.


Die Sitzbank wird, wie auch bei anderen Marken, über ein Schlüsselloch im Radkasten geöffnet. Das empfinde ich persönlich nicht als zeitgemäß und  nutzerfreundlich, da man es nicht sehen kann und somit immer im Trüben fischt.


Die Sitzbankverriegelung ist eventuell etwas filigran geraten und war vor unserer Testfahrt schon defekt, sodass die Sitzbank nicht mehr einrasten konnte.


Die Abgasanlage muss natürlich auch die Abgasnormen erfüllen und somit kommen die Krümmer zwar in einem Sammler zusammen, sind aber mit einem Außenrohr verkleidet. So wirken die Rohre, als ob sie vom Motor bis zum Endschalldämpfer durchgängig wären.


Ein absolutes Highlight ist in dieser Version ganz klar die Farbe. Unaufdringlich und doch auffallend passt sie einfach perfekt zu diesem Motorrad.


Viele kleine und große Brixton-Logos und -Schriftzüge findet man auf allen Teilen wie Tankpads, Fußrasten, Gabelbrücken, Tankdeckel und Motordeckeln, was dem Gesamteindruck eine durchaus edle Note verleiht.

Fazit


Ab 11.990 € ist die Cromwell zu bekommen und liegt damit ca. 2.000 € unter dem Preis der direkten Konkurrenz von Triumph.

Dafür erhält man ein Motorrad, das nicht jeder hat, das auffällt und viel Fahrspaß bietet.

Klar als Cruiser ausgelegt fährt sie euch stylisch von A nach B. Es fühlt sich einfach entspannt und gut an, mit dieser Maschine über das Land zu fahren und den Weg zu genießen.


Sehr guter Einstand von Brixton in diesem Segment! Die Cromwell 1200 macht genau das, was man von ihr erwartet. Sie vermittelt klassisches Retro-Roadster-Feeling, fährt sich gut, bremst gut, klingt gut, ist gut verarbeitet und sieht vorallem sehr gut aus.


Den Feinschliff der britischen Konkurrenz hat sie zwar noch nicht ganz erreicht, aber dafür ist sie auch günstiger.


 

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